Michael Gienger, Steinheilkunde
Ein Kurzporträt
Michael Gienger (1964 – 2014) ist der Verfasser des Heilstein-Lexikons, der Steinheilkunde und verschiedener weiteren Schriften. Er war Mitbegründer des Forschungsprojektes Steinheilkunde e.V. Stuttgart und auch Dozent und Autor für Geomantie und Steinheilkunde. Er pflegte unzählige Kontakte, hielt Vorträge, gab Seminare, machte Exkursionen und schrieb Bücher.
2011 war ich abonniert auf sein "Neues Lexikon der Heilsteine". Es wurde als Loseblatt-Ausgabe im PDF-Format ausgegeben. Sommer 2014 machte er uns aufmerksam auf die neu durchgesehene Ausgabe seiner Steinheilkunde, die er mir signiert zugesandt hat, als er darauf schwer erkrankte und in November 2014 gestorben ist. Mit seinem Lebenswerk hat er ein Torso der Steinheilkunde zurückgelassen.
Michael Gienger hatte zwei Seiten: eine Spirituelle und eine Wissenschaftlich-Orientierte.
Er machte Seminare in der Form von Exkursionen und setzte voraus das seine Teilnehmer ebensolche Beobachtungsfähigkeiten hatten als er oder sie diese entwickeln konnten, man musste nur lernen sie zu beachten, sie anzuwenden und zu trainieren.
Sein Gemeinschaftssinn und das immerwährende Interesse am anderen Menschen waren seine Charakterzüge.
In seinem Newsletter (2012) "Orientierung im Leben" gab er Aufschluss über seinen Lebensweg und über die Hintergründe, aus denen er schöpfte. Seine eigenen Begabungen vertiefte er durch Studiengänge und Begegnungen mit Menschen und mit Wesen, was ihm ermöglichten (wie er selbst sagte) "einen unverschleierten Blick auf die geistige Seite unseres Daseins". Diesem unglaublichen Geschenk (seine Worte:) "Quellen des Seins unmittelbar wahrnehmen zu können", erfüllte ihm mit grosser Dankbarkeit.
Als Wegweiser betonte er "die eigene Erfahrung und Wahrnehmung" zu folgen und nicht dem blinden Glauben an unbewiesenen "Erklärungen" der Welt". Er betonte, dass er ein Forschender war, ohne Anspruch auf Absolutheit, sondern immer bereit zum Nachdenken, zum Lernen und zur Diskussion durch ein wohlwollendes Miteinander.
Seine Exkursionen führten zu Kraftorten verschiedenster Gegenden. Anfänglich auch dort, wo die Bodenbeschaffenheit gut erlebt werden konnte. Hier war die Sensibilität seiner Teilnehmer besonders gefragt und er trainierte sie so lange, bis in einem unbekannten Gelände die Übergänge vom einem zum nächsten Gestein genau erspürt werden konnten (1, Fusszeile).
Es besteht ein grosser Unterschied, ob ich mich auf einem Granitboden, auf einem Kalkboden oder auf einem vulkanischen Boden aufhalte, man ist sich nur nicht gewohnt dieses Erleben ins Bewusstsein zu heben. Wenn bloss das Verhalten des Menschen an solchen Orten geschildert wird oder davon berichtet wird, was sie dort in den ersten vier Tagen erleben, dann bleiben solche Schilderungen Äusserlichkeiten, denn damit vermeidet man just den Aufmerksamkeitssinn zu lenken auf das innere, geistige Erleben.
Eine Exkursion von Michael Gienger führte an die Insubrische Linie ins Tessin (2010, er wiederholte diese Exkursion auch im 2011). Da erzählte mir eine Teilnehmerin, wie Michael Gienger einen Stein fand, den er noch nicht kannte. Er nahm ihn abends mit und als sie sich am Morgen wieder trafen, erzählte er von den Qualitäten, die dieser Stein besass. In seinem Zimmer hatte er keineswegs Spezialinstrumente zur Untersuchung gehabt. Nur mit seiner eigenen Aufmerksamkeitssinn hatte er den Stein untersucht.
Diese Anekdote bestätigte mir, mit welcher besonderen Beobachtungsgabe Michael Gienger begabt war.
Als er sein Neues Lexikon der Heilsteine angefangen hatte, sendete er uns Abonnenten weit mehr Informationen, als er später in sein Buch aufnehmen wollte. Eindrücklich waren seine Erlebnisse, als er sich den Achat zuwendete und diesen beschreiben wollte. Juni 2011 sendete er den Bericht, der überschrieben war mit "Achat erleben" und fügte den Untertitel hinzu "Sieben Monate Intensivtraining". Das heisst ein siebenmonatiger Prozess mit einer Steinsorte! Deutlich trat in diesem Bericht der Unterschied in den Vordergrund (wie er es nannte) zwischen "etwas genau zu erleben" und "von etwas zu wissen".
Dass Michael Gienger, nach seiner 25-jährigen intensiven, Steinheilkunde-Forschung, eine solch grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Achat durchleben musste, erstaunte ihn selbst. Der Achat, der eigentlich einen geschützten Raum gewähren soll, bewirkte gerade das Gegenteil. Michael Gienger schrieb: "der gute Achat schlug überall unerbittlich zu!" Dann berichtete er über all jene Geschehnisse, die sich in seinem Lebensumfeld abgespielt hatten und schilderten den regelrechten Kampf, den er sieben Monate lang durchstehen musste.
Wer meint, die Steinheilkunde Michael Giengers ist ja ganz einfach anwendbar: wir haben eine Indikation und finden dann sofort Anwendungsbeispiele. So einfach ist es nicht, aber unser Denken ist leider so geschult. Wir tragen immer die vereinfachte Vorstellung in uns: wir haben eine Krankheit (Ursache) nehmen einen Stein aus der Liste und es folgt die Linderung (Wirkung). Dieses Kausalitäts-Denken ist verheerend, wenn wir uns mit Steinen beschäftigen. Es gibt "Heilsteinkundige", die die Wirkung eines Steines auf einen Satz oder ein Schlagwort reduzieren und meinen: dazu muss man einfach Vertrauen haben, dass es wirkt. Solche Kunstgriffe können niemals im Sinne von Michael Gienger gewesen sein.
Michael Gienger ging da ganz anders vor. Er schildert bei jedem Stein eine grosse Palette an Möglichkeiten, er unterteilt diese Möglichkeiten in verschiedene Kategorien. Da entsteht eine Vielfalt, die meiner Meinung nach mehr dem Leben entspricht. Wir Menschen sind keine Mineralien, wir sind lebendige Wesen und dazu noch Individualitäten. Da ist ein grosses Spektrum an möglichen Wirkungen angebracht. Liest man dieses Spektrum so, dass alles zutreffen wird, dann wird die Steinheilkunde unglaubwürdig. Sie müssen sich nur vor Augen halten, welchen medizinischen Stellenwert die Steinheilkunde einnehmen würde, wenn alle Angaben restlos zutreffen würden.
So viel wollte ich zur Charakterisierung von Michael Gienger beitragen.
Michael Gienger hat die Zusammenhänge von Geologie, Gesteinskunde, Mineralogie und Menschenkunde in der ihm möglichen Weise verantwortungsvoll zusammengetragen. Er hat Unerhörtes geleistet und wurde durch seinen plötzlichen Tod viel zu früh aus dem gerade begonnenen Arbeitsprozess herausgerissen. So bleibt sein Werk ein Torso. Wer sein Werk so nimmt, wie es ist und es einfach umsetzt, der setzt ein Torso um, das heisst: eine unvollständige Gestalt ohne Kopf und Gliedmassen!
Das Werk Michael Giengers ist die Aufforderung zur Forschung, zur Überprüfung und innerer Schulung. Eine blosse Benutzung höhlt diese Arbeit aus, bis die Begeisterung für seine Ansätze abgeklungen ist.
18.06.2023, Dürnten, Hans van der Heide
[1] Michael Gienger, "Steinheilkunde", Verlag Neue Erde GmbH, 19. Auflage 2014, siehe Seite 34